Warum kommt es bei so vielen Menschen so weit, dass sie meinen, eine Diät nötig zu haben? Warum nimmt man überhaupt zu?
Die Antwort der traditionellen Ernährungswissenschaft ist einfach und einleuchtend: Die Menschen nehmen zu, weil sie zu viel essen und sich zu wenig bewegen. Tatsächlich trifft man noch sehr oft auf die Meinung, die weltweit steigende Zahl von Übergewichtigen sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die Menschen heute weniger körperliche Arbeit leisten und sich dank der modernen Verkehrsmittel weniger bewegen, aber dummerweise an den Ernährungsgewohnheiten ihrer Vorfahren festhalten, die – so die gängige Meinung – harte körperliche Arbeit leisteten, deshalb entsprechend mehr Kalorien verbrannten als die heutigen Menschen und deshalb schlank blieben. Diese Theorie mag zunächst sehr überzeugend klingen, ist aber unzutreffend. Sie erklärt nicht, warum sich gerade unter denen, die auch heute noch körperlich anstrengende Arbeit verrichten, viele Übergewichtige finden. Sie erklärt nicht, warum manche Büromenschen ohne besondere Anstrengung schlank bleiben, während andere zu Übergewicht neigen. Und sie erklärt nicht, warum bei sehr vielen Menschen die Gewichtszunahme erst einsetzt, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben, obwohl sie in jungen Jahren keineswegs mehr körperliche Betätigung hatten.
Erst in den letzten Jahren kommt die Wahrheit über die tatsächlichen Gründe für die weltweite Zunahme von Übergewichtigkeit nach und nach ans Licht. Fettleibigkeit und Übergewicht – das belegen mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Studien – sind die Folge einer vermehrten Insulinausschüttung. Diese Stoffwechselstörung nennt sich auch «Hyperinsulinismus».
Wie wirkt «Hyperinsulinismus» im Körper?
Insulin ist ein Hormon, das von der Bauchspeicheldrüse nach Bedarf erzeugt wird, um überschüssigen Zucker im Blut des Menschen abzubauen und den Blutzuckerspiegel normal zu halten. Bei Diabetikern ist dieser Kontrollmechanismus aus dem Gleichgewicht geraten, deshalb müssen sie sich synthetisches Insulin zuführen und eine bestimmte Diät einhalten, um ihren Blutzuckerspiegel nicht aus der Balance zu bringen. Während aber bei Diabetikern, vereinfacht gesagt, das Problem darin liegt, dass ihre Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin produziert, haben übergewichtige Menschen es mit einer anderen Störung der Insulinfunktion zu tun. Bei ihnen produziert die Bauchspeicheldrüse regelmässig mehr Insulin, als notwendig wäre, um den Blutzuckerspiegel zu normalisieren. Kurz: Sie leiden unter «Hyperinsulinismus», was zu Deutsch nichts anderes bedeutet als ein Übermass an Insulin im Körper.
Seit zirka zwanzig Jahren ist nun bekannt, dass Fettleibigkeit und Übergewicht praktisch immer mit Hyperinsulinismus einhergehen. Doch die Forschung zog zunächst die falschen Schlüsse daraus. Da man annahm, dass die Fettleibigkeit vor dem Hyperinsulinismus da ist, rieten die Wissenschaftler den betroffenen Menschen abzunehmen, dann würde der Hyperinsulinismus schon wieder zurückgehen. Tatsächlich kann der Hyperinsulinismus zurückgehen, wenn man weniger wiegt, aber ebenso rasch kann er aufgrund des Jo-Jo-Effekts auch wiederkehren.
Nachdem die traditionelle Ernährungswissenschaft davon ausgegangen war, dass sich Hyperinsulinismus einstellt, wenn man zu dick ist, stellte ich die umgekehrte Hypothese auf: Menschen nehmen zu, weil sie unter Hyperinsulinismus leiden. Nicht die Fettleibigkeit ist zuerst da, sondern das Übermass an Insulin. Im Normalfall produziert eine gesunde, gut funktionierende Bauchspeicheldrüse gerade so viel Insulin, dass der Blutzuckerspiegel auf den normalen Wert sinkt. Dieser völlig normale Mechanismus führt nicht zur Anlage von Fettreserven, sondern der durch das Insulin aus dem Blut entfernte Zucker wird dem Körper als rasch nutzbare Energie zur Verfügung gestellt, ohne dass man zunimmt. Ganz anders jedoch, wenn die Bauchspeicheldrüse aus dem Gleichgewicht gerät und regelmässig zu viel Insulin produziert. Der Insulinüberschuss führt dazu, wie die medizinische Forschung erwiesen hat, dass der Organismus Fette, die er mit der Nahrung aufnimmt, nicht «verbrennt», sondern vermehrt als Fettreserven speichert. Das heisst: Wenn Insulin bei einem Menschen ständig im Überschuss vorhanden ist, besteht ein weitaus höheres Risiko, dass dieser Mensch zunimmt und mit der Zeit fettleibig wird. Dank der neueren Forschung wissen wir also: bei Übergewichtigen und Fettleibigen liegt praktisch immer chronischer Insulinüberschuss («Hyperinsulinismus») vor, das heisst, ihre Bauchspeicheldrüsenfunktion ist gestört.
Und: Wenn ständig zu viel Insulin vorhanden ist, wird im Körper mehr Fett angelagert, man nimmt zu.
Was aber muss man tun, um diese Gewichtszunahme zu vermeiden? Die Antwort ist einfach und logisch: Man muss diesen ständigen Insulinüberschuss vermeiden.